Élisabetha von Wans (vermutlich im 13. Jahrhundert - um 1250, Aywières / heute Belgien), Zisterzienserin; verehrt als Selige; Gedenktag: 1. Juli
Élisabetha von Wans lebte im 13. Jahrhundert. Ihre Geschichte erzählt, dass sie verheiratet wurde und dann mit ihrem Mann ein Jahr Enthaltsamkeit vereinbarte. Nach diesem Jahr war sie davon überzeugt, dass sie zur Nonne berufen war, und die Eheleute trennten sich.
Élisabetha trat in das in der Champagne gelegene Zisterzienserinnenkloster l'Amour-Dieu (Gründung 1232, Schließung 1791, zunächst in Troissy / heute Frankreich, 1763 Verlegung nach Montmirail) ein. Als das Kloster der päpstlichen Autorität unterstellt worden war, wurde sie 1237 seine erste Äbtissin. 1240 gab sie diese Position auf und führte dann das Leben einer einfachen Nonne im Zisterzienserinnenkloster in Aywiéres (Gründung 1215, Schließung 1796), wo zu dieser Zeit die bekannte Mystikerin Lutgard von Tongern (gest. 1246) lebte und das damals für seine besonders strenge Auslegung der Ordensregel bekannt war. Dort verbrachte Élisabetha den Rest ihres Lebens und wurde wegen ihrer großen Kreuz Jesu-Verehrung bekannt.
Élisabethas Geschichte ist zweiteilig. Zunächst ist sie eine Frau, die sich gegen eine bereits geschlossene Ehe entscheidet und ins Kloster geht. Dann steigt sie dort zur Äbtissin auf, wechselt aber das Kloster und führt zuletzt das Leben einer einfachen Nonne, die in der Verehrung für das Kreuz Christi aufgeht. Èlisabethas Geschichte ist alles andere als aufregend und enthält viele offen gelassene Fragen. (Vielleicht könnte sie deshalb sogar Grundlage für einen historischen Roman sein.)
Warum wollte Élisabetha ins Kloster? Aus welchen Umfeld stammte sie und wie war sie erzogen worden? War sie ursprünglich mit der Ehe einverstanden? Wurde sie zu der Ehe gezwungen? Oder wollte sie erst ins Kloster, nachdem sie bereits verheiratet war? Waren eheliche Erfahrungen der Grund für ihre Entscheidung?
Musste sie sich das "Probejahr" erbitten, konnte sie selbst diesen Vorschlag machen oder hatte sie irgendwelche "rechtlichen" Möglichkeiten, um es einzufordern?
War der eigentliche Grund, dass sie diesen Mann nicht heiraten wollte? Wollte sie überhaupt nicht heiraten? Oder war sie in der Ehe unglücklich, was vielleicht nicht einmal an ihrem Ehemann gelegen haben muss?
Dass sie mit ihrem Mann ein Probejahr vereinbarte, könnte ein Indiz dafür sein, dass sie zu diesem Zeitpunkt selbst unsicher war, was sie wirklich wollte. Oder war es doch nur ein Zugeständnis an den Ehemann und das Umfeld, um sie von ihrer Entscheidung zu überzeugen? Sollte das Probejahr ihnen deutlich machen, dass es ihr mit ihrer Entscheidung ihre Ehe zu beenden, wirklich ernst war?
Warum war der Ehemann bereit, sich auf dieses Probejahr bzw. die Trennung einzulassen? Wollte er keine widerwillige Ehefrau, war er großzügig oder anständig genug, seine Frau gehen zu lassen oder ließ er sich die Trennung irgendwie vergüten? Oder gab es da von irgendeiner Seite Druck, dem er nicht standhalten konnte?
Eines aber zeigt die Geschichte von Élisabetha von Wans. Offensichtlich konnte eine Frau im Mittelalter durchaus einen bereits von ihrer Familie bestimmten Lebensweg verlassen, wenn sie das wirklich wollte. Das steht doch eigentlich im Widerspruch zu der heute weit verbreiteten Vorstellung, dass Mädchen und Frauen im Mittelalter nur rechtlos waren, keine eigenen Wünsche hatten und alles hinnahmen, was Männer über sie verfügten?
Quellen und Literatur
Elisabeth von Wans, in: Jakob Torsy (Hrsg,): Lexikon der Deutschen Heiligen, Seligen, Ehrwürdigen und Gottseligen. Verlag J. P. Bachem, Köln, 1959, S. 134
Joachim Schäfer: Artikel Elisabeth von Wans, aus dem Ökumenischen Heiligenlexikon, Link: https://www.heiligenlexikon.de//BiographienE/Elisabeth_von_Wans.html, abgerufen am 29. Juni 2024
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