Waldrada von Saint-Pierre (6. Jahrhundert - um 625, heutiges Frankreich ), Benediktinerin, Äbtissin der ehemalige Abtei Saint-Pierre-aux-Nonnains; verehrt als Heilige, Gedenktag: 27. Juli
Waldrada von Saint-Pierre ist eine jener Heiligen aus der Zeit der "Völkerwanderung", die als Mitglied einer einflussreichen Familie mit der Leitung eines Frauenklosters betreut war, das ihre Herkunftsfamilie gegründet hatte. Ein Merkmal dieses Heiligentypus ist, dass sich die spätere Verehrung als Heilige oder Selige auf einen bestimmten Ort oder ein bestimmtes Territorium beschränkt. Hinzu kommt noch, dass von diesen Heiligen gewöhnlich nur der Name und vielleicht noch einige halbwegs gesicherte Eckdaten überliefert sind, aber nichts Konkretes über das tatsächliche Leben und Wirken. Aus historischer Sicht, nicht aus christlicher Sicht, ist dieser Heiligentypus zwiespältig. Einerseits kann eine Heilige oder ein Heiliger dieses Typus dazu beitragen, ein wenig Licht ins Dunkel der Geschichte zu bringen, andererseits besteht eine hohe Gefahr zur Fiktionalisierung. Im schlimmsten Fall (aus historischer Sicht) kann es dazu kommen, dass der Heilige gar nicht existiert hat, sondern nachträglich erfunden wurde, um zum Beispiel einem als Reliquie dort verehrten Gegenstand Bedeutung zu geben und die Bedeutung eines Klosters oder einer Kirche nachträglich aufzuwerten.
Die Verehrung von Waldrada von Saint-Pierre beschränkt sich auf das im heutigen Frankreich gelegene Bistum Metz. Laut Überlieferung war Waldrada von Saint-Pierre die Tochter eines lothringischen Herzogs mit Namen Eleutherius (Leutherius, Lothar). Dieser ließ um 380 für die Kirche Saint-Pierre zu Metz das Benediktinerinnenkloster Saint-Pierre-aux-Nonnains) (St. Peter bei den Nonnen bzw. St. Peter auf der Zitadelle) erbauen, dem sie als seine erste Äbtissin vorstand. Das Kloster Saint-Pierre-aux-Nonnains und seine Klosterkirche sind heute nicht mehr als solche erhalten, denn sie wurden später profanisiert. Heute befindet sich in ihnen ein Museum.
Waldradas Verehrung beschränkt sich bis heute auf die Stadt Metz bzw. das Bistum Metz. Das lässt sich daran erkennen, dass eine Kopfreliquie in der Kathedrale zu Metz als ihr Kopf verehrt wird. Dass ihr als Patronin für die Stadt bzw. das Bistum Metz eine gewisse Bedeutung zugestanden wurde, zeigt außerdem, dass sich seit Ende des 19. Jahrhunderts eine Statue von ihr als Teil einer Statuengruppe über dem Hauptportal der Kirche Sainte-Ségolène, einer weiteren Kirche in Metz, befindet. Diese ist ein Werk des Bildhauers Auguste Dujardin (1847-1921) und wurde 1898 geschaffen. Die beiden anderen Heiligen dieser Statuengruppe sind Arnulf von Metz und Trudo von Sarchinium. Arnulf von Metz (gest. um 640) gilt als Bischof von Metz und Stammvater der Karolinger, ist also der Hausheilige einer Dynastie, deren Ursprung in Metz liegt. Trudo von Sarchinium (gest. um 695) war Glaubensbote im Hespengau oder Haspengau / im heutigen Belgien). Er galt später als Domschatzmeister der Metzer Kathedrale. Mit Blick auf die vermuteten Sterbejahre dürfte Waldrada, falls sie denn wirklich gelebt hat, ein wenig älter als die beiden Heiligen gewesen sein.
Quellen und Literatur
Ökumenisches Heiligenlexikon Online, Link: https://www.heiligenlexikon.de/BiographienW/Waldrada_von_Saint-Pierre.html, abgerufen 23. Juni 2024
Hinweise zum Umfeld von Waldrada von Saint-Pierre: Thomas Bauer: Lotharingien als historischer Raum. Raumbildung und Raumbewusstsein im Mittelalter (= Rheinisches Archiv 136). Böhlau Verlag, Köln / Weimar / Wien, 1997. ISBN 3-412-13696-4, S. 211-251 (Hinweise zum Umfeld von Waldrada von Saint-Pierre)
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