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AutorenbildDie Querleserin

Actionreiches, prächtiges Spektakel, kein Tiefgang, aber unterhaltsam

Der Roman „Die drei Musketiere“ von Alexandre Dumas wurde schon oft verfilmt, einige Male als durchaus gelungene Umsetzung der Vorlage, oft auch als mehr oder weniger freie Adaption. Viele prominente Schauspielerinnen und Schauspieler haben mitgewirkt. Hinzu kommen noch Romane wie „Der Club Dumas“ und Bearbeitungen für die Bühne: früher Theaterstücke und Operetten, zuletzt ein Musical. Da ist es eigentlich keine Überraschung, dass die Verfilmungen der letzten Jahre immer wieder versucht haben, mit neuen Ideen eigene Akzente zu setzen. Ob diese allerdings wirklich einen Mehrwert haben, ist eine andere Frage.


Bei dieser Verfilmung hat mich seinerzeit der Trailer abgeschreckt, vor allem die Luftschiffe. ("Armer Dumas, was haben sie nur mit dir angestellt.") In diesem Punkt wurde ich allerdings beim Ansehen des ganzen Films positiv überrascht, denn solche Absurditäten sind zwar weder historisch noch der Vorlage geschuldet, zu diesem Film passen sie aber. (Alexandre Dumas war ein experimentierfreudiger Autor, vielleicht hätte ihm diese Verfilmung gefallen.) Auch die Idee, die Geschichte als eine Art Computerspiel rüberzubringen, hat mir gut gefallen, die Umsetzung war diesbezüglich stimmig.

Für mich persönlich konnte der Film außerdem mit seinem Tempo punkten. Für einen Actionfilm des 21. Jahrhunderts, ist er zwar action-lastig, aber nicht gehetzt oder stressig. Ein weiterer Pluspunkt ist die Ausstattung: die sehr schönen, farbenfrohen Kostüme und die herrlichen Bauwerke, von der Kamera auch sehr wirkungsvoll zur Geltung gebracht. Dass in Deutschland gedreht wurde und statt Versailles das Schloss Herrenchiemsee verwendet wurde, hat mich nicht gestört. Herrenchiemsee wurde zwar erst im 19. Jahrhundert von König Ludwig II. erbaut (und nicht beendet), aber Versailles war immerhin das Vorbild.


Bei der Handlung war die Romanvorlage immerhin noch ansatzweise erkennbar. Sie reduzierte sich, wie in anderen Verfilmungen, auf die Wiederbeschaffung der Juwelen der Königin, also den ersten Teil der Buchvorlage. In diesem Film ist die Königin im Unterschied zum Buch und den meisten Verfilmungen völlig unschuldig, die Juwelen werden ohne ihr Wissen dem Herzog von Buckingham gegeben. Die Frage, warum Hofdame Constance, hier unverheiratet und ohne Familienanhang, aber sofort weiß, wohin D'Artagnan & Co. zur Wiederbeschaffung geschickt werden müssen, sollte besser nicht gestellt werden.


Eine wirkliche Schwäche des Films sind die farb- und zum Teil völlig profillosen Figuren. Dieses Manko dürfte in erster Linie der filmischen Umsetzung anzukreiden sein und nicht dem Cast, der in anderen Filmen gezeigt hat, was in ihm steckt. Mit Blick auf einige gute Ansätze schade. Die drei Musketiere als Mentoren des hier wesentlich jüngeren D’Artagnon ist eine Idee, die eigentlich viel Potential gehabt hätte, leider aber verschenkt wurde. Mit Christoph Waltz hatte dieser Film endlich wieder einmal einen überzeugenden Richelieu. Anders als Vincent Price oder Charlton Heston fehlte ihm jedoch das Umfeld.


In der Neuverfilmung der Musketiere ist die Motivation der Figuren sehr bescheiden und oft nicht einmal vorhanden. So ist der Graf von Roche einfach nur böse und sadistisch (und sein Schauspieler sichtbar mit Spaß an der Sache). Als Herzog von Buckingham macht der damals nicht unumstrittene Schauspieler Orlando Bloom sogar recht gute Figur. Er kommt mit Luftschiff nach Frankreich zum Staatsbesuch, um den König zu beeindrucken, und das ist vielleicht noch die glaubwürdigste und intelligenteste Motivation, die hier einer Filmfigur zugestanden wird.


Mylady, für viele die heimliche „Heldin“ des Romans, ist nur Aufputz. Gut zu erkennen an der Szene, wo sie die Juwelen der Königin aus dem Tresor stiehlt. Für die Handlung selbst hätte da ein kurzer Blick auf den Tresor oder eine verbale Mitteilung völlig gereicht. Stattdessen wird der Vorgang ausführlich gefilmt, dies offensichtlich nur um die weiblichen Reize der Schauspielerin freizügig zu präsentieren. Denn der Szene selbst fehlt es an wirklichen Spannungsmomenten.


Recht lustig fand ich den völlig unnötigen Auftritt von Til Schweiger. Er ist nur kurz im Bild zu sehen, und erst aus dem Abspann geht hervor, dass seine Rolle der Graf Cagliostro war. Der freilich lebte erst ein Jahrhundert später, und hat sich wohl aus einem anderen Roman von Dumas hierher verirrt.


Der Film ist Kino zum Genießen. Wer keinen Tiefgang braucht oder sucht, sich unterhalten will und Schauwerte und Action mag, kommt hier voll auf seine Kosten. Menschen, denen Buchtreue oder historische Genauigkeit wichtig ist, wird der Film dagegen eher nicht gefallen. Und wer Wert auf eine logische Handlung und gute Charaktere legt, wird mit diesem Film wohl auch nicht so glücklich sein.

 

Filmangaben:

Die drei Musketiere (Originaltitel: The Three Musketeers) (2011), Abenteuerfilm mit Logan Lerman, Mathew Macfayden, Milla Jovovich, Ray Stevenson, Luke Evans, Orlando Bloom, Christoph Waltz u. a.; Regie: Paul W. S. Anderson

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